Weitergereicht wurde Beethoven an den deutschen Pianisten Bernd Glemser, in dessen Händen auch die ganz sanftmütigen Seiten des Komponisten zu tragen kamen. Die virtuose Formation der Themen im Allegro versah Glemser in den lichten Momenten noch mit einem Hauch Transzendenz. Nahtlos fügte sich die Stimmung des Adagio an und bestach auch durch die Ausgewogenheit im Orchesterklang.
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„Ich komme gerne nach Tuttlingen”, erklärt Bernd Glemser zu Beginn seines Klavierrezitals. „Hier habe ich als Jugendlicher richtig große Pianisten im Konzert erlebt, die meine Vorbilder wurden." Nach seinem mitreißenden Heimspiel dürfte er es sein, dem viele Nachwuchspiaisten aus dem Publikum nacheifern wollen.
Es ist Glemsers Kunst, diese Brüche aufs Schärfste herauszuarbeiten. Und gleichzeitig klarzumachen, dass beides zusammengehört, die heiteren Träumereien und die Abgründe. Dass beides zusammen erst eine Welt gibt. So steckt auch im Finale die Magie seines Spiels nicht nur in furiosen Tastentänzen. Sondern auch in der Art, wie er den erschütternden Momenten nachforscht, in denen die Musik und die Welt und alles ans Ende zu kommen scheint. Wo Motive ansetzen und gleich wieder abbrechen, wo alles infrage gestellt ist, jede Gewissheit trügerisch. (…) Das Publikum schlug Glemser damit so in den Bann, dass es ihn erst nach zwei Zugaben gehen ließ.
Daran knüpft auch Liszts Klavierkonzert Nr. 2 A-Dur an, das der vielfach preisgekrönte Pianist Bernd Glemser subtil mit Leben erfüllt. Das poetisch gefühlvolle Konzert beginnt ebenfalls sehr zart und behutsam, führt dann aber zu starken Kontrasten auf engem Raum, von beinahe atemloser Stille bis zu heftigsten Ausbrüchen. Bernd Glemser und die Robert-Schumann-Philharmonie bewältigen diese spannungsreichen Dialoge souverän und werden dafür mit viel Beifall, das Publikum mit einer Zugabe des Pianisten belohnt.
Eine weitere Stütze erfuhr dieser herausragende Konzertabend durch den Pianisten Bernd Glemser, ebenfalls häufiger Gast bei recreation. Neben aller virtuosen Geläufigkeit vermittelte der in Würzburg lehrende 56-Jährige dank seiner schon legendären, nie aufgesetzt oder unruhig wirkenden Darbietungen eine austarierte Klangkultur, die ihn zu Recht als "Klavierpoeten" auszeichnet.
Um Glemser als Interpret zu beschreiben, bietet sich seine Deutung des dritten Rachmaninow-Konzertes an. Viele Pianisten spielen dieses Werk sentimental, mit üppigem Ton und effektvollen Rubati. Glemser hingegen zeigt bei aller staunenswerten Virtuosität vor allem rhythmische Präzision und einen klaren schlanken Ton. Dadurch gelingt es ihm, in den vollgriffigen Passagen kontrapunktische Strukturen freizulegen, die der Durchschnittsvirtuose gar nicht wahrnimmt. Auch seine Aufnahmen der Skrjabin- und der Prokofjew-Klaviersonaten überzeugen durch hohes Bewusstsein für die Werkarchitektur, und in Chopins Balladen weiß er den Zuhörer durch einen ungekünstelten Erzählton zu gewinnen.
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Bei diesem Konzert wurde wieder einmal deutlich, mit welcher Selbstverständlichkeit der Pianist seine bald heftig zupackende, bald delikat hingezauberte Anschlagskultur erstaunen lässt. Sein stilistisches Einfühlungsvermögen und Eintauchen in diese bisweilen heftig rumorende bombastische Klangwelt des Norddeutschen Brahms ergänzte sich mit locker hingetupften virtuosen Läufen neben heftig ausbrechenden Akkordkaskaden.
Glemser begeistert mit einer Sonate, die sich offen für alles zeigt: Tragik, Schwermut, fein ziseliertes Geflüster, wie auch überraschend heiteres Galopp, in dem sich die anfängliche Tragik beinahe zur Illusion verwandelt.
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Bernd Glemser lässt seine Finger über die Tasten rasen, fulminant und voller Dramatik, mit vollem Körpereinsatz, kraftvollem Pedal und rhythmischem linken Fuß. Er kann aber mit dem nächsten Anschlag in feinste Elegie versinken, einem einzelnen Ton nachspüren, seine Bedeutung für den Zuhörer verständlich machen. Seine kraftvollen Interpretationen bringen atemberaubend schnelle Sequenzen hervor, die dennoch nie im Ton verwischen, jede Note bleibt in ihrer Qualität hörbar. Seine Wechsel zu lyrisch warmen Tonlagen gelingen ihm übergangslos, fordern den Zuhörer.